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Oelsnitz in der Zeit des 1. Weltkrieges

In den letzten Julitagen 1914 versammelten sich täglich an jedem Morgen viele Menschen vor den Druckereien beider Lokalzeitungen, um die neuesten Nachrichten über die angespannte politische Situation zu erfahren. Bereits am 27. Juli erhielten die ersten Männer österreichischer Staatsangehörigkeit ihre Stellungsbefehle zu den Truppenteilen. Nach der Mobilmachung am 1. August kam es auf dem Oelsnitzer Bahnhof zu wehmütigen Abschiedsszenen zwischen den eingezogenen Reservisten und den zurückbleibenden Familienangehörigen und Freunden, aber auch zu patriotischen Ansprachen und Gesängen. Viele Oelsnitzer Bürger ließen sich zu Kriegsbegeisterung und Siegeszuversicht hinreißen. Zur allgemeinen Aufregung trugen Gerüchte bei, dass eine Autokolonne mit einem Goldtransport von Frankreich nach Russland, durch die hiesige Gegend unterwegs sei. Wichtige Punkte wurden von Polizei und bewaffneten Einwohnern bewacht. Die Überzeugungen von einem kurzen, siegreichen Krieg wurden durch eintreffende Siegesmeldungen genährt, welche mit Glockengeläut, Böllerschüssen und Beflaggung gefeiert wurden. Aber bald kehrte Trauer ein. Im Septemberdes selben Jahres erschienen Gefallenenanzeigen in der Ortszeitung in schier endloser Reihe. Gegenüber anderen Orten wiesen die Tage des Weltkrieges in Oelsnitz einige Besonderheiten auf. Wegen dem für die Rüstungsindustrie kriegswichtigen Bergbau war hier die Zahl der Zurückstellungen vom Militär größer als anderswo. Ab 1915 wurden im hiesigen Bergbau in großem Maße Kriegsgefangene, auch bei Arbeiten unter Tage, eingesetzt, um den durch Einberufungen verursachten Förderrückstand zu vermindern. Zeitweise waren es über 2000 gefangene Russen, Franzosen, Engländer, Italiener und Serben, die zum Teil in Lagern an den Schächten untergebracht waren. Am 15. Februar 1915 wurde die Lebensmittelrationierung eingeführt. Die Zuteilungen verringerten sich aber von Monat zu Monat. 1918 erreichte die Ernährungslage im Ort ihren Tiefpunkt. Die Folge davon waren Unterernährung und Grippe-Epidemien, die viele Todesopfer forderten. Im Dorf war die Begeisterung für den Krieg verflogen. 1917 bis 1918 kam es immer wieder zu Antikriegsdemonstrationen und auch unter den Bergleuten wuchs die Stimmung gegen den Krieg. So kam es zu Arbeitsverweigerungen, mit denen die Kumpel höhere Löhne und eine bessere Versorgung forderten.

Als die Waffen am 11. November 1918 endlich schwiegen, waren in Oelsnitz und dem zur Kirchsparochie gehörenden kleinen Ort Neuwiese 523 Gefallene zu beklagen. Ihnen zu Ehren wurden Gefallenendenkmäler mit ihren Namen errichtet, die an die Schrecken und die Grausamkeit des Krieges erinnern sollen. Am 15. November 1918 wählte die Einwohnerversammlung den örtlichen Arbeiter- und Soldatenrat. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 und den folgenden Landtags- und Gemeinderatswahlen erzielte die SPD im Ort hohe Wahlsiege. Zum ersten Mal durften auch Frauen wählen.